Wohlstand und Reichtum
Sanft schwang mein Körper hin und her. Meine Augen öffneten sich und so etwas wie ein Bullauge blickte mich an. „Hmm – eigenartig. Wo bin ich? Auf einem Schiff?“ Mein Körper lag angekleidet auf einer Art Couch in einem spärlich beleuchteten Raum. Ja, es schien ein Schiff zu sein, mit dem die leichte Brandung spielte. Ich erhob mich langsam und ging auf den Türdurchgang zu, wo es heller war. Das Licht blendete so stark, dass es meinen Augen weh tat. Als ich mich an die Helligkeit gewöhnt hatte und an mir hinunter sah, bemerkte ich eine tiefdunkelblaue Hose mit Nadelstreifen an mir. Eine solche exquisite Hose hatte ich noch nie besessen. Mein Oberkörper war bedeckt mit einer eleganten weißen Bluse. Meinen Ausschnitt zierte ein Brillantkollier. An meinen Händen entdeckte ich zum Kollier passende Ringe und Armreifen. Meine Stöckelschuhe standen vor der Couch dort im Dunkeln. Wie war ich hierher gekommen? Wie um Himmels Willen bin ich zu dieser eleganten Garderobe und dem Schmuck gekommen? Und die Yacht, auf der ich mich aufhielt, wem gehörte sie? Hat mich ein reicher Mann hierher entführt?
Ich zog meine Schuhe an, um an Deck zu gehen. Wieder wurden meine Augen geblendet, diesmal jedoch vom unermesslichen Reichtum. Vor mir lag ausgebreitet eine Armada von größeren und kleineren Yachten - und Luxusliner lagen am Pier. Ein grandioser Anblick! „Na, ist das nach deinen Wünschen?“ hörte ich seitlich links hinter mir eine männliche Stimme fragen. Blitzschnell drehte ich mich um – jedoch, da war niemand. „Hm, was wird hier gespielt?“ dachte ich. „Wo sind Sie?“ fragte ich verunsichert. „Ich stehe direkt links hinter Ihnen.“ „Aber – ich sehe niemanden, wer sind Sie und warum verstecken Sie sich?“ „Ich verstecke mich nicht, ich BIN einfach nur, aber in dieser Realität bin ich tatsächlich zur Zeit nicht sichtbar, nur hör- oder fühlbar!“ „Ja – und wie kann ich mir sicher sein, dass Sie mit mir keinen Schabernack treiben, denn – mit einer Frau kann man’s ja machen.“ „I wo, wo denken Sie hin. Ich meine es ganz erst, so ernst, wie Sie es gerade sind!“ „Ja aber..., was wollen Sie denn von mir?“ „Ich will gar nichts von Ihnen, Sie wollten etwas von mir!“ „So, was wollte ich denn von Ihnen und wer sind Sie, wollen Sie sich denn gar nicht vorstellen? Schließlich ist es nicht gerade höflich, sich einer Frau auch noch von rückwärts zu nähern und dann nicht vorzustellen, wenn man sie anspricht!“ „Oh Sorry – ich bin der Reichtum, auch Wohlstand genannt!“ „Wie bitte?“
„Ja, ich bin die Wesenheit, die du gerufen hast – ich darf doch du sagen, oder!?“ Ich war völlig ratlos. „Ja schon, also du – Reichtum! Und ich soll dich gerufen haben, ja wann denn?“ „Als du völlig verzweifelt warst und bis zum Hals in deinem finanziellen Desaster stecktest.“ „Woher willst denn du das wissen?“ „Ich weiß alles, besonders dann, wenn man mich von Herzen um Hilfe ruft und meinem Bruder, dem Mangel, abschwört!“ „Deinem Bruder Mangel – tztztz, nun wird es aber wirklich märchenhaft. Du willst mir erzählen, dass es ein Wesen namens Mangel gibt?“ „Aber sicher, hättest du sonst meine Stimme wahrgenommen und – redest du nicht gerade mit mir – hmmm?!“ Ich verstand die Welt nicht mehr, jedoch wollte ich nun mehr von diesem Wesen namens Reichtum oder Wohlstand wissen – wenn er nun schon mal persönlich da war. „Wieso – du warst doch vom Mangel völlig überzeugt und dass er niemals aus deinem Leben verschwinden würde. Du hast ihn ja regelrecht eingeladen, bei dir zu bleiben.“ „So, wie denn das?“ „Hmm – ganz einfach, weil du leiden wolltet. Du hast dir unendlich leid getan und dich gewälzt in deinem Leid und deinem Mangel. Du hast schon an nichts anderes mehr gedacht als an deinen Mangel. Du warst ständig nur sparsam und hast dein Geld immer fein säuberlich abgezählt, für das, was du dafür einkaufen wolltest und was nicht. Nie hast du dir etwas gegönnt oder dir selbst mal eine Freude gemacht, ein Geschenk zum Beispiel. Bis dir deine Freundin klar gemacht hat, dass sie selbst aus dem Tal des Mangels nur dadurch herausgefunden hatte, weil sie begann, sich endlich etwas wert zu sein!“
„Hmm – das stimmt, was du da erzählst. Und dann hast du meine Herzensbitte gehört, als ich in den Himmel hineinschrie: Wenn es so was gibt wie den Reichtum, dann soll er JETZT und HIER zu mir kommen!?“ „Ja – genau! Und nun bist du bei mir angekommen!“ „Aha – jetzt verstehe ich, dann hast du mich entführt aus meiner Provinz hierher, wo es nur so strotzt vor Reichtum?“ „Ja, so ist es – dies hier ist mein Zuhause. Ich bin überall dort Zuhause, wo es nur so vor Reichtum strotzt, wie du sagst!“ „Ja – und wann ist dieser schöne Traum vorbei?“ wollte ich vom Reichtum wissen. „Wenn Du es willst, entweder jetzt gleich oder niemals mehr, ganz so, wie du es entscheidest!“ „Also, wenn das alles von mir und meinen Entscheidungen abhängen soll, dann entscheide ich jetzt, dass du niemals mehr von meiner Seite weichen sollst – ist das für dich ok?!“ „Ja – so gefällst du mir.“ Ich befand mich urplötzlich in einem Gefühl der Freude und unendlicher Leichtigkeit, der Losgelöstheit von Zweifel und Existenzangst. „Warum konnte ich dieses Gefühl vorher denn nie spüren?“ fragte ich. „Weil du alles so furchtbar erst genommen hast. Das hat dich dann blockiert und du kamst aus diesem Gefängnis nicht mehr heraus, bis..., ja bis du mich gerufen hast. In dem Augenblick hast du ja noch nicht unbedingt an meine Existenz geglaubt, aber dein Ruf aus tiefstem Herzen, der hat meine Energie in Bewegung gesetzt!“ Ich war neugierig geworden auf meine neue Welt des Reichtums. „Dann lass uns nicht länger warten, ich will jetzt endlich deine Welt kennenlernen. Komm – lass uns gehen und das reiche Leben genießen!“
„Langsam – zuerst solltest du dir darüber klar sein, dass in der Welt des Wohlstands und des Reichtums eine eigene Sprache gesprochen wird, also achte darauf, was du sagst!“ „Welche Sprache denn?“ wollte ich wissen. „Die Sprache des Mangels ist hier out! Sie bewirkt genau das Gegenteil von dem, was du in dieser Welt erleben willst – du willst doch Reichtum und Wohlstand kennenlernen – oder?!“ „Ja – ich will!“ das war mir eindeutig klar. „Ok, dann bedenke: Wenn du in meiner Welt bzw. in deiner neuen Welt beginnst sparsam zu denken oder zu handeln, wird dies sofort von den anderen Reichen bemerkt, denn die haben ein superfeines Gespür für das Gegenteil ihres Reichtums. Und sofort nehmen sie Abstand von dir und so wirst du zum Außenseiter. Sie dulden einfach niemanden in ihrer Nähe, der nicht auch das tut, was sie tun.“ „Was tun sie denn?“ wollte ich vom Reichtum wissen. „Na, das ist doch logisch, sie wollen ihren Reichtum vermehren, denn Reichtum gedeiht nur durch Hinzufügen. Schließlich gibt es keine Versicherung gegen meinen Bruder, den Mangel. Die beste Versicherung gegen Mangel ist, den Reichtum auszudehnen, so einfach ist das!“ „Ja, aber – was ist mit den Menschen, die im Mangel leben? Die haben nach deinen Worten ja gar keine Chance, jemals wohlhabend oder reich zu werden.“ „Nein, so ist das nicht. Diese Menschen, von denen du sprichst, haben das Mangeldenken schon von ihren Eltern übertragen bekommen und leben es entweder weiter oder brechen irgendwann – so wie du jetzt – aus dieser Kette des Mangels aus. Sie entscheiden sich ganz bewusst, sehr bewusst sogar, den Mangel hinter sich zu lassen - durch ihre eigene Überzeugungskraft, dass sie es schaffen werden, wohlhabend oder sogar reich zu sein. Diese Motivation ist wichtig, sie treibt jene Menschen an wie das Benzin den Motor.“ Irgendwie war es für mich einleuchtend, was er sagte – ich lauschte gerne weiter seinen Worten.
Dann stellte er mir eine bedeutsame Frage: „Was wäre denn zum Beispiel, wenn du diesen motivierten Menschen, die für sich mehr Glück in ihrem Leben fühlen und auch leben wollen, diesen Treibstoff leise still und heimlich absaugen würdest?“ Ich überlegte ein wenig. „Ah ja, sie würden plötzlich keine Motivation mehr besitzen!“ „Richtig – und deshalb ist es wichtig, dass sie ihren eigenen Selbstwert zu spüren bekommen. Daher streben diese Menschen dahin, äußerlich das auszustrahlen, was sie innerlich fühlen. Sie umgeben sich gerne mit Statussymbolen, feiern gerne Partys mit denen, die den Reichtum schon lange leben und ähnliches. Sie wollen den Reichtum förmlich einatmen und das tun sie sogar.“ Nun war mir klar, warum es so viele Menschen im ständigen Mangel gab und sie mit Konsumgütern bei Laune gehalten wurden, denen man oft die Mangelqualität ansieht – und dass es wiederum andere in dieser Menschengruppe gibt, die dies so nicht mehr wollen. Der Reichtum erklärte mir weiter: „Nun - du hattest die klare Entscheidung, dort auszubrechen. Du hast den Sprung geschafft, einzig und allein durch deinen Schrei nach Wohlstand und Reichtum. Und – nun beginnt dein Weg über das Gefühl des Wohlstands zum Reichtum. Übrigens – der Wohlstand ist wie eine Maschine, die sich ständig selber schmiert! Entwendet man die Schmiere, bleibt die Maschine stehen. Aber ich wache ja über den Schmiertopf!“ Er lachte schelmisch. Ich amüsierte mich über seine Leichtigkeit und Lebenslust. „Nun gut, ich glaube, jetzt bin ich genügend aufgeklärt. Lass uns endlich auch das reiche Leben genießen und nicht nur darüber reden, lieber Reichtum. Komm – gehen wir.“ „Und wohin willst du alleine gehen?“ „Wieso alleine – du kommst doch mit, oder willst du etwa kneifen?“ „Ich kneifen – wo denkst du hin, aber hast du dich schon so an mich gewöhnt, dass du gar nicht mehr daran denkst, dass ich keinen sichtbaren Körper habe?“ Tatsächlich hatte ich das schon vergessen. „Dann beschaff dir doch einen Körper!“ sagte ich provokativ. „Ok, ich werde mich um einen Körper kümmern!“
Plötzlich herrschte gespenstische Stille um mich herum. Selbst als ich fragte, ob der Reichtum mich hört, bekam ich keine Antwort. Ich stand an der Reling dieser wunderschönen Yacht und blickte in Richtung Häusermeer unterhalb des Gebirges. Luxuriöse und elegante Villen waren teilweise in den Steilhang hineingebaut. Villen mit Säulenportalen und südländischen Bepflanzungen. Ich wusste zwar noch immer nicht, wo ich war, aber vermutete, es könnte Montecarlo sein. Mein Freund, der Reichtum, hatte sich wohl dieses ruhige Plätzchen weit draußen vor dem eigentlichen Yachthafen gewählt, um ungestört mit mir über all diese Zusammenhänge zu plaudern, die mit seiner Welt zusammenhängen und um die anderen nicht aufmerksam zu machen auf eventuelle Schreikrämpfe von mir – das hätte ja schließlich gut sein können. Ein sportliches Schnellboot hielt auf meine Yacht zu und legte längsseits an. Der braungebrannte Mitvierziger fragte zu mir herauf, ob alles in Ordnung wäre oder ob er mir helfen könne. „Sie liegen hier weit vor dem schützenden Hafen schon so lange vor Anker, da dachte ich mir, ich schaue mal nach. Vielleicht gibt es hier an Bord ja ein technisches Problem“, sagte er forschend. „Nein – kein technisches, eher ein personelles, denn mein Skipper ist an Land gegangen und wollte seit Stunden wieder zurück sein. Seitdem keine Spur von ihm!“ rief ich zu ihm hinunter, als wären diese Worte tatsächlich wahr. Dabei wusste ich keines dieser Worte im voraus, die mir spontan über die Lippen kamen. Ich wunderte mich selbst über meine unbewusste Spontanität. Auch über folgende Worte: „Kommen Sie doch an Bord, ich würde mich freuen, denjenigen kennen zu lernen, der sich so sehr um mein Wohlergehen sorgt!“ „Ja gerne“, und er machte das Boot achtern fest und kam über die Heckleiter an Deck. „Herzlich willkommen im Fürstentum Monaco – Montecarlo liegt Ihnen zu Füßen und zur vollen Verfügung. Darf ich mich vorstellen: Mein Name ist Giuseppe Calderoni.“
Ich hörte mir selber zu, als ich sagte: „Ich freue mich, so ehrenvoll empfangen zu werden und das schon hier draußen, außerhalb der Hoheitsgewässer!“ Ich wusste bisher gar nicht, dass ich auch eine Ahnung vom Seerecht hatte, aber scheinbar doch – oh Wunder. „Oh nein, ich bin mein eigener Herr und Juwelier in Montecarlo.“ Ich hatte also demzufolge einen Fachmann auf meiner Yacht, darum frage ich ihn einfach mal nach dem Wert des Schmucks an meinem Körper. „Da Sie ein Auge für diese mobilen Werte haben, würde ich von Ihnen gerne wissen, wie viel der Schmuck wert ist, den mir meine Großmutter hinterlassen hat!?“ „Nun, genau kann ich das am besten in meinen Räumen feststellen mit den notwendigen Prüfwerkzeugen, aber wenn ich mal vom Wert der Brillanten ausgehe, dann tragen Sie zur Zeit einen Wert von mindestens 10 Millionen US-Dollar an ihrem einzigartig zauberhaften Körper.“ Aha, mit Speck fängt man Mäuse, mit Charme und Geld fängt man Frauen, dachte ich mir.
Seine Augen funkelten auf wie Diamanten. Worüber er sich wohl freuen mag, fragte ich mich – darüber, ein Geschäft zu machen oder mich wiederzusehen? „Oh ja, ich freue mich schon jetzt auf Ihren Besuch – dann werde ich Ihnen, wenn Sie mögen, Montecarlo zeigen und – was halten Sie von einem Besuch im Spielkasino morgen Abend?“ So viel Zuwendung hatte ich gar nicht erwartet, oder war mir das nur ungewohnt? Wie auch immer – ich stimmte zu. „Ich hole Sie dann morgen gegen 14 Uhr ab, ist das ok?“ fragte er vorsichtig. „Genau der richtige Zeitpunkt – ja!“ Respektvoll verabschiedete sich der interessante Juwelier. Sein schnelles sportliches Boot glitt wie beflügelt und dennoch graziös über das ruhige Wasser der Bucht. Die Nacht allein auf der Jacht war schon irgendwie unheimlich, dennoch schlief ich wie ein Murmeltier. Als ich aufwachte und auf meine brillantbesetzte Armbanduhr sah, bekam ich einen Schreck – es war schon zwölf Uhr mittags. Ich hatte noch nichts gegessen und in zwei Stunden würde mein Juwelier schon wieder vor mir stehen. Eilig ließ ich mein seidenes Nachtgewand fallen und ließ es mir unter der geräumigen Dusche gut gehen. Das Make up war schnell aufgetragen und die Auswahl an sündhaft teuren Parfüms war grandios. Im Kleiderschrank, der eher ein Kleiderraum war, fand ich unter etlichen eleganten Stücken ein hauchzartes weichfließendes himmelblaues Traumkleid aus Satin. Es war wie für mich geschaffen – eigenartig – scheinbar nur ein Zufall!? Alles, was ich anprobierte, war auf meine Maße abgestimmt. Ein appetitliches Frühstück mit köstlich duftenden Kaffee passte gerade noch in den knappen Zeitrahmen. Als ich das Geschirr abgeräumt hatte, drangen auch schon Motorengeräusche am meine Ohren. Die Yacht dümpelte in der Bugwelle, die sein schnelles Boot erzeugt hatte. Mein Juwelier war gekommen. Als er über die Heckleiter das Deck betrat und mich sah, wurden seine Augen riesengroß vor Staunen. „Fürstin Grazias Erscheinung verliert sich ja völlig in dieser beispiellosen göttlichen Ausstrahlung!“ „Sie wollen mir doch nur schmeicheln,“ sagte ich etwas scheu. „Wenn ich das sage, dann dürfen Sie mir ruhig glauben!“ „Vielen Dank für Ihr Kompliment, ich weiß es zu schätzen“, kam fast unbewusst über meine Lippen.
„Ich werde Ihre Yacht zu meinem Liegeplatz fahren, wenn Sie wollen“, schlug er vor. Nachdem ich kurz zustimmend nickte, zündete er die Motoren und behäbig setzte sich meine Yacht in Bewegung – mit seinem Schnellboot im Schlepp. Nachdem er beide Luxusschiffe im Yachthafen vertäut hatte, gingen wir nur wenige Schritte zu seinem Wagen. Er öffnete mir achtungsvoll die Beifahrertür des Rolls Royce und nach nur wenigen Kilometern durch Montecarlo bogen wir unter einem prächtigen Rundbogen auf das Grundstück einer eindrucksvollen Villa ein. Unter einem von mächtigen Säulen getragenen Portal hielt er sein Luxusauto und öffnete mir genauso zuvorkommend wie vorher die Tür. Seinen Blick fühlte ich auf meinen Schenkeln, die kurzzeitig beim Aussteigen nicht sonderlich durch mein Kleid bedeckt waren. Ein Butler öffnete uns die Tür. Die riesige Vorhalle bot mir einen grandiosen Anblick. Von der halbrunden Vorhalle gingen zwei Treppen aufwärts und trafen sich an einer Empore, die harmonisch über der Vorhalle zu schweben schien. Treppe und Empore zierte ein kunstvoll geschwungenes steinernes Geländer. Ein Bild, wie ich es bisher nur einmal sah – in Salzburg im Schloss Mirabelle – die „Engelsstiege“. „Hier sind Sie Zuhause?“ Ich konnte mein Staunen kaum verbergen. „Nun ja – das ist eines der vielen Häuser in meinem Reich! Gefällt es Ihnen?“ antwortete er ausweichend. Ich war von dem, was ich bisher von seinem Haus gesehen hatte, völlig fasziniert. „Oh ja! Es ist außergewöhnlich schön.“ „Nun – lassen Sie uns einen kleinen Imbiss nehmen, ich kann es auch gebrauchen.“ Nachdem er nach dem Personal geläutet hatte, kam eine Armee von Köchen und Helfern mit Servierwagen und Tabletts in den Speiseraum, auf denen die erlesensten Köstlichkeiten hereingebracht wurden. Als die glänzenden Abdeckhauben von den Tellern gehoben wurden, stiegen die leckersten Dürfte in meine Nase. Das Wasser lief mir förmlich im Mund zusammen.
„Und das nennen Sie einen kleinen Imbiss?“ Ich war überwältigt von der Art und Weise, wie ich verwöhnt wurde von diesem aufmerksamen Mann, der scheinbar Freude daran hatte, das Leben in vollen Zügen zu genießen und mir dabei zuzusehen, wie ich langsam lernte, das Gleiche zu tun. „Ich fange an, mich in Ihrem Haus sehr wohl zu fühlen!“ Verwundert über meine spontanen Worte fügte ich noch schnell hinzu: „Und die gedeckte Tafel kommt der eines Königshauses gleich!“ „Fühlen Sie sich denn nicht wie eine Königin?“ fragte er neugierig zurück. „Oh – ähm...“ Mir blieb die Antwort in der Kehle stecken. „Darf ich für Sie antworten?“ fragte er respektvoll. Ich nickte verlegen. „Nun – eigentlich wollte ich Sie noch ein wenig zappeln lassen!“ Ich war erstaunt. „Wieso zappeln lassen?“
„Bevor wir am Abend ins Casino gehen, sollte ich Sie aufgeklärt haben. Sie sind so herrlich bescheiden und scheinen gar nichts zu ahnen. Nun – dies hier ist nicht mein, sondern Ihr Haus. Die Yacht dort draußen im Hafen ist nicht die Yacht von irgend jemandem, sondern Ihre Luxusyacht, wie auch der Rolls Royce vor der Tür. Diese Realität hier haben Sie sich selber erschaffen durch das konsequente Abschwören von der Verbindung zum Mangel.
Ich war total überwältigt. „So einfach soll das gehen? Einfach die Entscheidung treffen, das Band zum Mangel wirklich und endgültig durchzuschneiden - und nicht nur die Bereitschaft dazu zu äußern?“ Der Juwelier nickte zustimmend: „Ja – so einfach ist das! Aber, wollen Sie denn gar nicht wissen, wer ich bin?“ Was für eine Frage. Ich war erneut verwirrt. „Wie – wieso? Sie sind doch derjenige, der sich mir auf der Yacht als Juwelier aus Monaco vorgestellt hat!?“ „Hmm – das meinen Sie, meine Liebe! Erinnern Sie sich denn nicht mehr an unsere Worte auf der Yacht? Sie sagten: Dann beschaff dir doch einen Körper! Und ich sagte: Ok, ich werde mich um einen Körper kümmern! --- „Nun – dämmert es Ihnen?“ Nun wurde mir einiges klar. „Dann sind Sie, ähm, dann bist du....?“ „Genau – ich bin die Verkörperung des Wohlstands und des Reichtums und ich habe dich in meine Welt geholt, weil du darum gebeten hattest...!“ Das musste ich erst einmal verdauen und trank ohne den Blick zu heben das Glas Champagner leer. „Wollen wir nicht wenigstes gemeinsam auf Ihre neue Realität anstoßen?“ Er, der verkörperte Wohlstand und Reichtum, prostete mir zu – kaum zu glauben, fast wie in einem Märchen, aber dennoch wahr! „Ja – lass uns mein neues Leben im Reichtum besiegeln mit diesem Glas, auf dass der Reichtum endlich auch mein ganzes Wesen und mein Bewusstsein durchströmt.“ Er freute sich über meine Worte und meinte: „Mmmh – so gefällst du mir! Eines wird dir bald noch klarer werden: Diese Erfahrungsebene hier wird dir völlig in Fleisch und Blut übergehen und du wirst gar nicht mehr an meinen Bruder Mangel denken können, denn wenn dein Bewusstsein den Reichtum IN dir festgeschrieben hat, ist dir das Gegenteil gar nicht mehr möglich. Du BIST einfach aus dem Innern heraus der Wohlstand und der Reichtum – so wie ich!“
Ungeduldig sagte ich: „Gut – dann lass uns dieses köstliche königliche Mahl in unsere königlichen Körper aufnehmen und danach noch mit den Chips spielen.“ „Schön hast du das gesagt: Lass uns mit den Chips spielen! Du sagtest nicht: Lass uns mit dem Geld spielen!“ Ich fragte wissbegierig: „Wieso ist das für dich so wichtig?“ „Du hast sehr schnell erfasst, dass es ums Spielen geht, es muss Spaß machen, was du tust. Das, was im Casino damit verbunden ist – das Geld – ist eher eine angenehme Nebensache. Du bist reich! Wenn du keine Lust mehr hast zu spielen, dann beendest du das Spiel einfach, weil dein Gefühl dir sagt, dass eine gewisse Grenze erreicht ist, wenn du nichts mehr dazu gewinnst. Dein Gefühl signalisiert dir das dann aber mit seinen eigenen Signalen, nämlich: Es macht mir keinen Spaß mehr!“ „Aha – Spaß beim Spielen, Spaß am Glück! Wenn ich mich auch im Spiel nicht mehr glücklich fühle, dann beende ich das Spiel und suche mir was Neues zum Spielen!“ „Bingo – du hast es begriffen, meine Liebe, das Leben im Glück, das Leben als Spiel!“ Ich war überglücklich über meine eigene Entdeckung: „So hätte ich mein altes Spiel schon viel früher beenden können, wenn ich mich dazu entschieden hätte, dass es mir keinen Spaß mehr macht?“ „So ist es!“ sagte mein Freund der Reichtum einfach so dahin. „Nun – wie gefällt dir die Aussicht auf dein Neues Leben?“ Ich antwortete ihm ganz entschlossen: „Ich will es nun endlich in vollen Zügen genießen!“ Lange saßen wir noch an der prachtvollen Tafel zusammen - aßen, tranken und lachten. Von wem gemacht?! Na – von dir selbst, denn DU bist der größte Schöpfer. DU bist der Schöpfer DEINER Welt und DU bestimmst über Mangel oder Reichtum – denke jeden Tag daran! Bis bald – dein Wohlstand und Reichtum grüßt dich aus deiner neuen Realität...!“
Geschrieben von Peter Wiermann – |